Standardwerk zum Bundesrat erschienen

von OK

Inwiefern überlagert Parteipolitik die Landesinteressen im Bundesrat? Aussagekräftigen Antworten auf diese Frage stand bislang die weitgehend fehlende amtliche Dokumentation des Abstimmungsverhaltens der Landesregierungen im Plenum entgegen. Das DFG-Projekt „Parteipolitik im Bundesrat. Analyse anhand der Voten in den Ausschüssen des Bundesrates“ hat dieses empirische Defizit überwunden. Roland Sturm, Senior Fellow am IParl, hat gemeinsam mit Markus Müller, Patrick Finke und Antonios Souris im Rahmen des DFG-Projekts zehntausende Dokumente zu den Ausschüssen des Bundesrates ausgewertet und damit einen neuen Forschungszugang zu dessen Funktionsweise und Entscheidungsfindung erschlossen. Im Mittelpunkt steht dabei ein neuer Datensatz mit Informationen über mehr als 51.000 Ausschussentscheidungen, der im Harvard Dataverse hinterlegt wurde und dort frei zugänglich ist.

Nachdem die Forschungsergebnisse bereits Ende letzten Jahres auf einer gemeinsam vom Bundesrat, dem IParl und dem DFG-Projekt organisierten Konferenz in Berlin vorgestellt und mit Expert*innen und Studierenden diskutiert wurden (Link zum Veranstaltungsbericht), ist nun die Abschlusspublikation „Parteipolitik im Bundesrat. Der Bundesrat und seine Ausschüsse“ im Nomos Verlag erschienen. Die Analyse der neuen Ausschussdaten zeigt: Parteien haben zwar Koordinationsroutinen etabliert, um die Willensbildung im Bundesrat zu beeinflussen. Parteienkonflikte sind aber eher selten und werden bei rund 12 Prozent aller Ausschussentscheidungen nachgewiesen. Eine systematische Überlagerung von Landesinteressen durch Parteipolitik findet in der Praxis also nicht statt. Die Datenanalyse wird durch Fallstudien ergänzt, beispielsweise zum Verhalten der „kleinen“ Parteien, zur Entscheidungsfindung im Rechtsausschuss und im Finanzausschuss oder zur Rolle von parteipolitischen Motiven bei den Gesetzesinitiativen des Bundesrates. In diesen Fallstudien werden Prozesse der Parteipolitisierung im Detail untersucht und anhand konkreter Vorlagen nachvollzogen.

Der Band bietet nicht nur bislang einzigartige Einblicke in das Räderwerk des Bundesrates, sondern auch Anknüpfungspunkte für Wissenschaftler*innen und Studierende, die sich mit Fragen der Föderalismus- und der Parlamentsforschung oder der Policy-Analyse beschäftigen. Weitere Informationen zur Publikation und eine Leseprobe sind auf der Website des Verlags verfügbar.

Zurück