IParl-Workshop
von OK
In fünf Themenblöcken wurden verschiedene Facetten des aktuellen Forschungsprojekts über die Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl von IParl-Mitarbeitern auf einem Workshop vorgestellt. Dass Parteien im Zuge der Kandidatenaufstellung nicht vorzugsweise alte, gut gebildete Männer aufstellen zeigte Daniel Hellmann in seinem Vortrag „Vom Aspiranten zum Abgeordneten – Erfolgsbedingungen bei der Kandidatenaufstellung“. Stattdessen sind es die mit der Ochsentour assoziierten Attribute, die Kandidaten erfolgreich machen. Wer sich in seiner Partei langfristig engagiert und dabei eine gute Figur macht, setze sich im innerparteilichen Wettbewerb bevorzugt durch. Danny Schindler untersuchte in seinem Beitrag die Auswahlprozesse, die den Listenaufstellungsversammlungen bei CDU und SPD vorangehen („Vorentscheidungen und Letztentscheidungen – Variationen der Auswahl- und Vorauswahlverfahren für die Listenaufstellungen zum 19. Deutschen Bundestag“). Angesichts vielgestaltiger, teilweise dezentraler Vorauswahlverfahren kam er zu dem Schluss, dass die Landesparteiführung die Listenaufstellung nur begrenzt steuern kann.
Malte Cordes verglich in seinem Referat „Einmal Mandat, immer Mandat“ die von den Auswählenden favorisierten Kandidateneigenschaften mit den Einschätzungen der Bewerber. Er legte dar, dass ein vorhandenes Bundestagsmandat die Erfolgschancen der Bewerber zwar erhöht, dennoch das Bewähren in der Partei und der Aufbau von Vertrauen – auch nach erfolgreicher Wahl – vorrangig sind. Dr. Benjamin Höhne beschäftigte sich in seinem Vortrag „Politik ist kein Männergeschäft – doch warum sind nur 30 Prozent der Bundestagsabgeordneten Frauen?“ mit der Stellung von Frauen im Rekrutierungsprozess. Er stellte fest, dass die aktuell diskutierten Paritätsgesetze für Parlamente nur die Symptome bekämpften. Die eigentliche Ursache für die verzerrte Geschlechterpräsenz liege im geringen Parteiengagement von Frauen. Als einen Reformansatz empfahl er „mehr innerparteiliche Demokratie zu wagen“ (mehr dazu in einer jüngst erschienenen Studie der Böll-Stiftung).
Im Vorfeld und auf den Wahlversammlungen finden viele Gespräche, Bewerberreden und Fragerunden statt. Den daraus resultierenden Themenkomplex „Kommunikation“ hat Oliver Kannenberg mit einer Betrachtung des Umfangs und Inhalts der Vorstellungsrunden auf den Landeslistenaufstellungen untersucht. In seinem Vortrag „Es gilt das gesprochene Wort – Kommunikation auf Nominierungsveranstaltungen“ stellte er heraus, dass vor allem der Wettbewerb um aussichtsreiche Listenplätze sowie die grundsätzliche innerparteiliche Partizipationskultur einen Einfluss auf die Anzahl der Vorstellungsreden haben. Zum Abschluss gab Prof. Dr. Sven T. Siefken (Hochschule Harz) zur Leitfrage „Mehr = Besser? Reform der Kandidatenaufstellung und politische Partizipation“ einen Überblick über mögliche Reformoptionen bei der Kandidatenauswahl und prüfte ihre Eignung für die Bundesrepublik.
In einer konstruktiven Atmosphäre wurden einen Tag lang Ideen diskutiert, kritisch nachgefragt und innovative Impulse gegeben sowie die Arbeit des Forscherteams und die Bedeutung der Studie für die Parlamentarismus- und Parteienforschung gewürdigt. Suzanne S. Schüttemeyer und das gesamte IParl-Team möchten sich bei allen Gästen und Teilnehmern bedanken. Ein besonderer Dank gilt den Moderatoren des Workshops und den Diskutanten, die sich konstruktiv mit den Beiträgen und Vorträgen auseinandergesetzt haben. Dies waren: Dr. Isabelle Borucki (Uni Duisburg-Essen), PD Dr. Stephan Bröchler (MLU Halle-Wittenberg), Dr. Sandra Brunsbach (Uni Kiel), Prof. Dr. Oskar Niedermayer (FU Berlin), Prof. Dr. Werner J. Patzelt (TU Dresden), Prof. Dr. Thomas Saalfeld (Uni Bamberg), Prof. Dr. Roland Sturm (FAU Erlangen-Nürnberg) und Prof. Dr. Bernhard Weßels (WZB).