So nah und doch so fern? Was nach dem (vorläufigen) Scheitern von Paritätsgesetzen getan werden kann

von Benjamin Höhne und Svenja Samstag

DOI: 10.36206/BP2020.02


Im Bundestagswahlkampf 2021 hebt sich die Kanzlerkandidatin der Bündnisgrünen, Annalena Baerbock, durch ein Merkmal hervor – ihr Geschlecht. Dass dies so ist, spricht für die ungebrochene Wirkmächtigkeit tradierter Geschlechterrollen. Wie die Frage der Geschlechtergerechtigkeit in Parlamenten zukünftig beantwortet werden kann, untersucht dieser Blickpunkt. Nachdem Paritätsgesetze vorerst gescheitert sind, braucht es andere Ansätze. Der Ball liegt wieder bei den politischen Parteien. Das innerparteiliche Problembewusstsein ist weithin vorhanden. Ein Ausgleich der Geschlechter auf den Listen findet mit Ausnahme der AfD in jeder Bundestagspartei große Zustimmung. An Umsetzungsmöglichkeiten, angefangen bei der freiwilligen Frauenquote, mangelt es nicht. Doch auch die Wählerinnen und Wähler können beim Thema parlamentarische Repräsentation von Frauen Gewicht entfalten. Sie müssten es bei der kommenden Bundestagswahl im September nur in die Waagschale werfen.

Das Wichtigste in Kürze:

  1. Der Frauenanteil in den meisten Landesparlamenten liegt aktuell zwischen 31 und 37 Prozent. Sechs Landtage verfehlen die 30-Prozent-Marke. Spitzenreiter auf Außenseiterposition ist die Hamburgische Bürgerschaft mit 44 Prozent.
  2. Paritätsgesetze zur Behebung dieser deskriptiven Unterrepräsentation von Frauen sind in Deutschland bisher an Landesverfassungsgerichten gescheitert. Aktuell steht noch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an. Eine jüngst einberufene Wahlrechtsreformkommission des Deutschen Bundestages wird sich diesem Thema ebenfalls annehmen. Wegweisende Entscheidungen hin zur Parität sind angesichts bisheriger Erfahrungen weder vom BVerfG noch von der Reformkommission zu erwarten.
  3. Parteiinterne Quoten existieren in unterschiedlicher Ausgestaltung bei Linkspartei, Bündnisgrünen, SPD und CDU, nicht jedoch in den Parteien CSU, FDP und AfD. Ihre Wirkung ist auf die Wahllisten (Zweitstimme) begrenzt. In den Wahlkreisen (Erststimme) dominieren in allen Parteien Männer als Kandidaten. Für mehr Frauen im Parlament braucht es eine stärkere Verknüpfung von Wahlkreis- und Listenplatznominierungen, die paritätisch zu quotieren wären.
  4. Weitere Gleichstellungsmaßnahmen, zu denen bereits eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet wurde, sollten in den Parteien breite Akzeptanz finden, denn der Geschlechterausgleich auf den Wahllisten wird mit Ausnahme der AfD überall unterstützt.
  5. Öffentlicher Druck vor der Bundestagswahl kann die Parteien dazu bewegen, ihre Anstrengungen für eine geschlechtergerechtere Parlamentspräsenz zu intensivieren. Niemand braucht eine Liste zu wählen, deren vordere Plätze nur von Männern eingenommen werden.
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