Marginalisierung der Opposition: Parlamentswahlen und Einparteiendominanz in Tansania

von Danny Schindler

DOI: 10.36206/BP2020.04


Das ostafrikanische Tansania geriet in den vergangenen Monaten aufgrund der Wiederwahl eines corona-skeptischen Präsidenten und dessen überraschendem Tod ins Blickfeld der deutschen Öffentlichkeit. Weitgehend unbeachtet geblieben sind dagegen die Wahlen zur Nationalversammlung vom Oktober 2020. Auch wenn das Präsidentenamt den institutionellen Mittelpunkt vieler afrikanischer Regierungssysteme darstellt, verdienen die Parlamente mehr Aufmerksamkeit. Vor diesem Hintergrund beleuchtet der Blickpunkt die Entwicklung der Wahlergebnisse bei tansanischen Parlamentswahlen seit 1995. Er geht insbesondere den Fragen nach, wodurch die Dominanz der Regierungspartei hervorgerufen wird und wie sie zu bewerten ist. Angesichts der kaum vorhandenen institutionalisierten Opposition ist von einer Schwächung des Parlaments insgesamt auszugehen. Mit einem Ende der Einparteiendominanz kann absehbar nicht gerechnet werden, da vielfältige Wettbewerbseinschränkungen auch unter der aktuellen Präsidentin fortbestehen.

Das Wichtigste in Kürze:

  1. Als die am längsten regierende Partei Afrikas gewann die CCM (Chama Cha Mapinduzi, Partei der Revolution) im Oktober 2020 erneut deutlich die tansanischen Parlamentswahlen. Tansania taugt damit als Paradebeispiel für ein System der Einparteiendominanz, das auch im übrigen Afrika verbreitet ist.
  2. Unter fairen Wettbewerbsbedingungen ist die dominante parlamentarische Stellung einer Partei ein normativ nicht zu beanstandender Normalfall demokratischer Politik. Anders fällt die Bewertung aus, wenn jene Dominanz mit Mitteln der Repression (Drangsalierung der Opposition etc.) zustande kommt. Bei der Wahl zur Nationalversammlung
    2020 wies das Spielfeld politischen Wettbewerbs ein besonders deutliches Gefälle zugunsten der Regierungspartei auf.
  3. Aus dem Wahlergebnis resultierte bei einem CCM-Sitzanteil von 93 Prozent faktisch ein Einparteienparlament. Auch angesichts der Machtfülle des Präsidentenamtes geht diese Entwicklung zu Lasten der Nationalversammlung insgesamt. Die nur schwach vorhandene Form institutionalisierter Opposition schränkt vor allem die verlässliche Erfüllung der parlamentarischen Kontrollfunktion ein.
  4. Unter Samia Suluhu Hassan, der Nachfolgerin des im März 2021 überraschend verstorbenen Präsidenten John Magufuli, sind Anzeichen für einen Wandel in inhaltlichen Fragen sowie eine versöhnlichere Rhetorik gegenüber dem politischen Gegner zu erkennen. Ob es zu nachhaltigen Veränderungen kommt, ist aber fraglich, denn die Handlungsspielräume der Oppositionsparteien sind gering, während die institutionellen Rahmenbedingungen für die bisherige Parteiendominanz bestehen bleiben.
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